
Der erste Teil der langen Antwort auf eine kurze Frage
Auf die Frage "Was ist Kreuzstich?" eine Antwort zu geben, ist ja ganz einfach:
Kreuzstich ist eine Handarbeitstechnik. Ja, genau!
Im Idealfall öffnet der Begriff „Handarbeit“ bei Dir die „ich-will-mehr-wissen-Tür“ ein Stückchen weiter, im nicht so idealen Fall schmeißt er sie mit einem lauten Knall direkt wieder zu. In diesem kurzen Moment Deiner Entscheidung, wie Du reagierst, stelle ich mutig meinen Fuß in die Tür, könnte weh tun, ja! Könnte aber auch Glücksmomente für mich bringen, wenn Du nämlich weiterliest. Dieses Risiko gehe ich ein, mein Fuß steht in der Tür und ich gebe jetzt alles, damit Du Dich zu Deiner Entscheidung weiterzulesen, am Ende des Artikels beglückwünschst.
Hinter der Aussage „Kreuzstich ist eine Handarbeitstechnik.“ versteckt sich sehr viel Information. Ich habe das selbst wieder so richtig gemerkt, als ich diesen Blog-Artikel begonnen habe. Das erste Gefühl von „ach, diesen Artikel schreibe ich mit links in null-komma-nix“ hat sich ganz schnell zurückgezogen, stattdessen kam die Gewissheit, dass es so einfach doch nicht ist und ich das eigentlich doch nur zu gut weiß. Es ist ja schön, wenn mir gleich tausend Sachen einfallen, die zum Kreuzstich gehören. Für einen (ersten) Blog-Artikel zur Frage „Was ist Kreuzstich?“ taugt das kreative Super-Chaos in meinem Kopf aber eher nicht. Ich möchte ja, dass Du weiterliest und dafür ist es hilfreich, etwas geordnet vorzugehen in meinem Loblied auf den Kreuzstich und die riesengroße Menge an Informationen in kleine Happen aufzuteilen. Denke ich an Handarbeit, denke ich jetzt an dieser Stelle „Fingerfood“ – ein sehr passendes Wortspiel. So viel zum Thema Chaos, das muss ein Ende haben. Also:
Kreuzstich ist eine Handarbeitstechnik, etwas mehr eingegrenzt eine Sticktechnik. Auf ein Gewebe, dessen Fäden regelmäßig und zählbar sind, werden mit einer Sticknadel und Stickgarn von Hand Kreuzchen gestickt, die in ihrer Gesamtheit dann ein Bild/Motiv ergeben. Jedes Kreuzchen verläuft diagonal über 2 x 2 Gewebefäden, es sieht also aus wie ein X. Hier ein Foto einer meiner fertigen Kreuzstichstickerei, so nah wie möglich:

So weit, so einfach und so gut erst einmal!
Und jetzt? Was weiter?
Mein Loblied auf den Kreuzstich wird auf jeden Fall viele Strophen haben, sehr wahrscheinlich sogar sehr viele! Ich merke ganz genau, dass dieser Artikel nur der Anfang ist, sozusagen nur der erste kleine Spalt durch die Tür, die zum Glück nicht wieder zugeknallt ist. Als nächsten Schritt könnte ich jetzt z. B. mit der Warum-Frage weitermachen: „Warum überhaupt Kreuzstich?“, oder z. B. „Wozu überhaupt Kreuzstich?“, gefolgt von „Wer bitte braucht heute Kreuzstich?“ Nach einigem hin und her sage ich es so: zu diesen Fragen komme ich, ganz bestimmt, nachdem ich alle Artikel geschrieben habe, die ich dazu schreiben muss, dann als meine vollständige Antwort auf die Frage „Was ist Kreuzstich?“ Da ist es wieder, das große Ganze …
Um dorthin zu gelangen, fange ich heute mit dem ersten kleinen Happen an, irgendwie muss es jetzt mal konkret werden! Und da liegt es im wahrsten Sinne des Wortes auf der Hand, übers Material für Kreuzstich-Handarbeiten zu sprechen. Kurz zucke ich, das alleine ist ja schon ein weites Feld und wirklich kein kleiner Happen. Ich grenze das Thema also weiter ein, ich spreche über die Materialien, die ich selbst benutze – wohl wissend, dass es auch anderes gibt.
Leinen
Ich sticke selbst seit 35 Jahren, das kann ich ganz genau sagen. Mein erstes Stickbild war ein Jahreszeitenbild, ich habe es damals als Geburtstagsgeschenk für meine Mutter angefertigt und es hängt heute noch jedes Jahr wieder im Flur ihrer Wohnung.


Seit dieser ersten Stickerei verwende ich reines Leinen für Kreuzstich, zählbares Stickleinen mit gleichmäßigen Fäden, die ich gut erkennen kann. Dieses Material ist für mich die beste Grundlage zum Sticken. Ich liebe, wie sich 100%iges Leinen anfühlt, wenn ich es in die Hand nehme, und ich fühle inzwischen auch immer etwas Stolz, dass es ein Material ganz ohne Plastik ist.
Es gibt diesen „Stoff“, dieses Gewebe natürlich in vielen bunten Farben, die Geschmäcker sind verschieden. Begonnen habe ich auf weißem Leinen, dem Klassiker, schon lange ist mein Favorit aber „ungebleicht“ = „naturfarben“:

Direkt danach kommt diese Variante, ungebleicht mit weißen Mini-Tupfen:

Beide Leinenstoffe werden von Zweigart in Stuttgart hergestellt, tolle Qualität!
An dieser Stelle muss jetzt mal etwas Fach-Sprache sein. Die beiden gezeigten Leinen sind 11- bzw. 12fädig, d. h. das Gewebe hat 11 bzw. 12 Fäden pro cm. Diese Stärke verarbeite ich persönlich am liebsten, nur eine weitere Qualität kommt auch immer wieder zum Einsatz, die 8fädige. Auf diesem Foto liegt das „gröbere“ 8fädige unten, oben drauf das „feinere“ 12fädige.

Wann ich warum zu welchem der Leinen greife, dazu schreibe ich den nächsten Artikel in der Serie „Was ist Kreuzstich?“ An dieser Stelle geht es darum, Dir überhaupt erst einmal zu zeigen, was ich in der Hand halte, wenn ich sticke. 😉
Stickgarn
Zum Stickleinen braucht es dann Stickgarn dazu. Ich sticke mit einfädigem Baumwollgarn der Firma Vaupel & Heilenbeck. Für das Garn gilt wie für das Leinen, dass ich die Qualität sehr schätze, reines Baumwollgarn, einfädig, nicht glänzend in mehr als 250 Farben erhältlich, in Wuppertal hergestellt.


Die Farben sind nummeriert, also ganz eindeutig definiert. Das ist so wichtig zu erwähnen, weil das rosafarbene Garn mit der Nr. 4052 meinem Label seinen Namen gegeben hat: „Rosa4052“! Aber das nur am Rande, zum Thema Stickgarn wird es – natürlich - auch mal einen eigenen Blog-Artikel geben …
Sticknadel
Leinen und Garn sind zwar schon gut zu haben, aber sie sind NICHTS, wenn ich keine Nadel habe! Es hat verzweifelte Züge, wenn ich verreise und alles dabeihabe, außer meine Nadel, oder wenn mir meine Nadel beim Sticken runterfällt und in der Sofaritze oder im Teppich für immer versunken ist … DRAMA! Wenn Du selbst schon Stickerin bist, wirst Du jetzt verständnisvoll nicken, wenn noch nicht, wirst Du die Erfahrung auch noch machen. Nicht schön! 😉 Und ja, ich habe auch eine Lieblingsnadel. Selbst wenn ich mehrere in gleicher Stärke habe, aus dem gleichen Päckchen, eine ist meine liebste, ist so! Und wehe, die fällt runter … Eine Sticknadel erkennst Du übrigens daran, dass sie im Gegensatz zu einer Nähnadel keine Spitze hat. Sie sticht also nicht so gemein und sie greift das zählbare Leinengewebe sehr leicht, ohne es durchstechen und damit beschädigen zu können.
Stickrahmen
Zu diesem Thema ist meine Haltung ganz klar: ich sticke mit Rahmen, schon immer, ohne habe ich einfach nicht genug in der Hand. Ich benutze nach wie vor die sehr alten Holzrahmen, die ich geerbt habe, sie sind unverwüstlich und das Material Holz passt in mein Gesamtbild: Leinen-Baumwolle-Holz. Stimmig für mich!
Sticken funktioniert natürlich auch ohne Stickrahmen, es ist einfach eine Frage des persönlichen Geschmacks. Dieses Thema drängt mich auch nicht so sehr, wie andere Aspekte bei der Beantwortung der Frage „Was ist Kreuzstich?“. Deshalb belasse ich es einfach dabei: mit oder ohne Rahmen, mach‘ es, wie es Dir am leichtesten fällt, aber mach‘ es! 😉

Stickmuster
Als letzten Punkt hier im ersten Artikel zur Frage „Was ist Kreuzstich?“ möchte ich noch die Stickmuster ansprechen. Eine Stickvorlage für ein Kreuzstichmotiv sieht so aus wie ein Raster, in dem einzelne Kästchen mit Farben ausgemalt werden, jedes Kästchen wird dann ein gesticktes Kreuzchen. Es wird also aus dieser Stickvorlage

diese Stickerei:

Zauberei, ich weiß! Aber einiges weißt Du jetzt auch schon: Du hast schon von Stickleinen gehört, Du hast über das Garn gelesen und weißt, dass ich meine Lieblingsnadel zum Sticken verwendet habe. 😉 Das Thema Stickmuster ist das Thema, das ich in der Antwort-Reihe „Was ist Kreuzstich?“ noch sehr ausführlich behandeln werde. Wie so eine Stickvorlage entsteht (mit spezieller Software am PC!), welche mindestens tausend Überlegungen ich anstelle, bevor ich das erste Kästchen farbig markiere … und was ich tue, wenn das erste Probesticken kein für mich zufriedenstellendes Ergebnis liefert … viel Stoff für viel mehr Blog-Text!
Zwischenfazit
Ein erster Schritt ist getan, nach und nach arbeite ich mich an den Einzelthemen weiter ab. Immer wenn wieder ein Artikel fertig und veröffentlicht ist, komme ich hierhin zurück und verlinke ihn. Irgendwann kannst Du hin und her springen, bis alle Einzelfragen beantwortet sind. Dann ist auch die eine Gesamt-Frage „Was ist Kreuzstich?“ in ihrer ganzen Tiefe beantwortet , dann ist 'das große Ganze' erfasst. Wenn ich es so schaffe, dass Du völlig ungeplant dann doch auch selbst zur Nadel greifen möchtest, dann ist meine Mission gelungen, dann ist der Kreuzstich wieder ein Stück mehr „am Leben gehalten!“ Nein, eine Nummer kleiner geht es mal wieder nicht, ich will das große Ganze und wenn ich Dich mitnehmen kann auf meinem Weg dorthin, dann bin ich glücklich und zufrieden!
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